GRUNDSÄTZLICHES ZUM WBV-NEUKÖLLN

 Genossenschaft auf Abwegen – Baugutachten als Fiktion – Genossen bleiben wohnen

 

Suchen sie sich was Neues. Sie werden die neuen Mieten sowieso nicht zahlen können.“

Diese Haltung seitens der Verantwortlichen für die WBV- Neukölln gegenüber ihren Genossenschaftsmitgliedern bringt eigentlich alles auf den Punkt.

Die Heidelberger Str. 15 – 18 soll nach dem Willen des Vorstandes abgerissen werden und die jetzige Kaltmiete von 4,50 bis 5,50 den Quadratmeter würde vernichtet. Für 8,50 den Quadratmeter entstünde ein Neubau, in der die jetzigen Bewohner und Bewohnerinnen nichts mehr zu suchen haben.

Darum ist es ganz gut einen Blick auf das Treiben des WBV-Vorstandes zu werfen. Denn dieser ist durch den Widerstand der Mieter und Mieterinnen in die Defensive geraten, auch weil die Öffentlichkeit sich zunehmend für diese fragwürdige Genossenschaftspolitik von Oben zu interessieren beginnt.

Mit einem Baugutachten versucht sich der Vorstand aus der Affäre zu ziehen, indem der lächerliche Beweis angetreten wird, warum das Haus abgerissen werden müsse. Dahinter steckt der durchsichtige Wunsch, die kritische Öffentlichkeit zu täuschen und den zuständigen Bauverwaltungen und der Politik den Weg zu ebnen, um der unausweichlichen Verdrängung keine Steine in den Weg zu legen.

Zuerst widmen wir uns der Frage, wie diese Genossenschaft funktioniert?

Als zweiten Schritt werden wir das oben genannte unmögliche Baugutachten an einigen Punkten auseinander pflücken.

Die dritte Frage, der wir nachgehen: Was verbirgt sich hinter der Absicht eines Vorstandes, der sowohl seinen Genossenschaftsatzungen Lügen straft, der den Vertreterrat manipuliert und täuscht, und ohne Not einen bezahlbaren Wohnraum vernichten will. Diese Frage ist die weit aus interessantere und wirft ein hartes Schlaglicht darauf, wie korrumpiert die Immobilenlandschaft in ihrer Tiefe in Berlin ist, wenn selbst Genossenschaft schon das dreckige Spiel der SPD (Beispiel Stadt & Land) und der Immobilienwirtschaft (Baustadtrat Hölmer und Bewilligungspraxis für Eigentumswohnungen) mitspielen.

Der Vertreterrat

Beginnen wir erst einmal von Vorne. Die Genossenschaft WBV verfügt über 16 Vertreterräte. Die haben zwar nichts zu melden laut Satzung aber eigentlich müsste der Vertreterrat über das Gebaren des Genossenschaftsvorstandes wachen. Ein Vertreterrat hat eine Aufsichtsfunktion. Schauen wir zu erst einmal warum diese Instanz bisher mehr als versagt hat, denn wie kann es sein, dass der Vorstand im Jahr 2014 den Vertreterrat den Geschäftsbericht von 2013 vorlegte aber kein Wort über die Abrisspläne an der Heidelberger Straße verlauten ließ, obwohl diese schon betrieben wurden. Über Informationen, die nicht vorliegen, kann man sich auch keine Meinung bilden.

Über den Abriss, am Vertreterrat vorbei, informierte der Vorstand in seinem Magazin im Jahr 2015. Auslöser waren Informationen, welche wir als Stadtteilinitiative bekamen und unsere erste Veröffentlichung zu dem Skandal betrieben und die Presse einschalteten.

Der Gesprächsversuches der verbliebenen Bewohner*innen der Heidelberger Str 15-18 mit den über 85 Menschen des Vertreterrates ist erhellend. Auf Einladung der verbleibenden BewohnerInnen zum Gespräch kam gerade mal ein Mensch des Vetrterrates und zeigte Offenheit für die Situation der Heidelberger Straße. Und ein weiteres Mitglied des Vertreterrates, dem man zugute halten muss, das er sich wenigstens erklärte, lehnte eine Teilnahme ab. Dieser besagte Hans-Joachim Kitzerow machte als Mitglied des Vertreterrates deutlich, dass die Mitglieder aus der Heidelberger Str 15-18. „gut beraten wären, sich den Pflichten der Genossenschaftsmitglieder zu erinnern und das Bauvorhaben nicht durch Verzögerungen unnötig zu verteuern.“ Mit anderen Worten, sie sollten sich gefälligst fügen und ihrer eigenen Verdrängung klaglos zustimmen. Er selber zeigte sich zufrieden mit der Arbeit der Genossenschaft und hob hervor, dass die Genossenschaftsmitglieder sich eben engagieren müssten. Er und seine Familie seien froh über alle Möglichkeiten, die die Genossenschaft ihnen böte. Zwar sei ihm „stets bewusst, dass der Abriss von Genossenschaftshäusern für die betroffenen Mitglieder eine außergewöhnliche Belastung darstellt.“ Aber „die Kommentare der bereits umgezogenen Mitglieder in unserer Mieterzeitung und in der letzten Vertreterversammlung zeigen uns, dass hier gute Arbeit geleistet wurde und wird.“ Erstaunlich nur, dass sich das von denen, die in der Heidelberger Str. aktuell wohnen geblieben sind nicht nur anders anhört, sondern dass der zitierte Vertreter keinerlei Bereitschaft signalisierte, sich mit den Positionen der verbliebenen Mieterinnen auseinanderzusetzen. Den Lobgesang auf die Arbeit des Genossenschaftsvorstandes kann man nun entweder als das laute Pfeifen im Wald interpretieren. Oder aber der Lobgesang ist nur das Nachbeten der Propaganda des Vorstandes der in der Hochglanzbroschüre ausgewählte Mitglieder zu Wort kommen lässt. Dem Vorstand geht es nur um eines – den Abriss der Wohnhäuser, auch auf Kosten der eigenen Genossen. Doch warum kommt oben zitiertes Mitglied des Vertreterrates dazu, die „demokratisch gewählten Gremien sehr zu schätzen“, in Folge dessen er „keinen Beratungsbedarf habe“? Stattdessen erinnert er ganz im Stil des Vorstandes daran; „das Bauvorhaben nicht durch Verzögerungen zu verteuern. Es drängt sich natürlich ein Verdacht auf, dass hier eine Günstlingswirtschaft betrieben wird. Und zwar in dem Sinne, dass gewählte Vertreter der Genossenschaft, die bereitwillig dem Vorstand das Wort reden, nicht nur NICHT ihre Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand und den bestimmenden Gremien ausüben, sondern sich durch diese manipulieren lassen und gegebenenfalls Vergünstigungen erfahren,. Denn der Vertreterrat wird unseren Recherchen nach nur soweit mit Informationen gefüttert, wie dies der Vorstand für notwendig erachtet. Anders ist dieses bisherige offensichtliche Versagen des Vertreterrates nicht zu erklären. So droht der Vertreterrat in der Hand des Vorstandes ungewollt in einen „Verräterrat“ gegenüber den Genossenschaftsmitgliedern abzugleiten, wenn hier nicht eine innere Demokratisierung der Strukturen stattfindet und vor allem zugelassen wird. Der Vorstand hat den Genossen zu dienen und nicht die Genossen dem Vorstand zu Diensten zu sein. So wurde in diesem Rahmen auch das höchst zweifelhafte Baugutachten nicht in Frage gestellt und schon gar nicht hinterfragt, ob denn die behauptete „marode Bausubstanz“ den Tatsachen entspricht. Als Vorstand kann man natürlich ein Laiengremium schnell mit Zahlen beeindrucken, doch kritisches Hinterfragen ist das mindeste, was von einem funktionierenden Vertreterrat zu erwarten gewesen wäre. Denn genau das hat der Vorstand vollzogen; den Vertreterrat und die Öffentlichkeit galt es zu manipulieren. Erkennen wir das anhand des Baugutachtens.

Zum Baugutachten

Die so betitelten „nicht engagierten“ Genossen aus der Heidelberger Straße haben sich die Baugutachten vorlegen lassen und das brachte so einigen Erkenntnisgewinn. Ein Gutachten durften die Genossen nur zwanzig Minuten einsehen, eine Kopie wurde verwehrt und es war unmöglich sich in der Kürze der Zeit ein Bild von dem Inhalt des Gutachtens zu machen. Doch in dieser kurzen Zeit fielen den Mitgliedern schon manipulierte Fotos auf, die sie auch monierten, worauf hin dieses Baugutachten den Mitgliedern zur weiteren Begutachtung vor Ort aus der Hand genommen wurde.

Nun liegt den Mieter*innen in der Heidelberger Str 15-18 ein anderes Gutachten vor, das sie zwar kopieren konnten, das allerdings keinerlei offiziellen Anforderungen genügte.

1. Weder ist klar, wer dieses Baugutachten angefertigt hat, noch wer sich dafür verantwortlich zeichnet. Somit ist nicht gegeben, wer auf die inhaltlichen Aussagen des Baugutachtens ansprechbar ist und gegebenenfalls auch festgelegt werden kann.

2. Die Sanierungskosten für die behauptete marode Bausubstanz sind reine Fiktion! Es werden in diesem Baugutachten keinerlei belastbare Zahlen vorgelegt, die in irgend einer Weise überprüfbar wären. Also gemeint sind zum Beispiel eingeholte Gutachten/Kostenvoranschläge oder dergleichen, die den Hintergrund der behaupteten Zahlen nur annähernd nachvollziehbar, geschweige den nachprüfbar machen könnten.

3. Alle Maßnahmen zur Sanierung würden sich auf 6 Millionen belaufen. (Das andere Baugutachten, in dem nur eine 20 Minütige Einsicht gewährt wurde, belief sich auf 7,5 Millionen Euro. In diesem Gutachten entdeckten Genossinnen Fotos von veralteten Elektroverteilungen, die gar nicht mehr im Hause vorhanden sind, weswegen ihnen eiligst das höher bezifferter Baugutachten zur Sanierung genommen wurde) .

In dem nun vorliegenden Gutachten soll beispielsweise die Herdzuleitung erneuert werden und das Gas soll raus. Dabei sind die Gasleitungen intakt. Nimmt man aber die Gasleitungen raus – ist auch das Warmwasser weg. Dadurch begründen sich die „Schätzkosten“ (Zitat!) auf eine Millionen für eine neue Heizungsanlage. Hier wir also ein künstliches Problem suggeriert, wo keines ist. Die Heizung bedarf keiner Erneuerung, wenn dann höchstens der Brenner/ Heizkessel.

Um das zu unterlegen werden Fotos beigefügt von verranzten Küchen, die in keiner Weise dem Standard entsprechen ( und wo der Nachweis zu erbringen wäre, dass es diese Küchen tatsächlich gibt, denn die Erfahrung mit manipulieren Photos von Elektroanlagen gab es nun schon bezüglich des zurückgezogenen Baugutachtens).

4. Unter „dubiose Kosten“ lassen sich zum Beispiel die „Überarbeitung“ von Balkonen fassen. Da wird nichts spezifiziert und genauer benannt. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, was nun im Rahmen einer Sanierung – um der behaupteten maroden Bausubstanz Abhilfe zu schaffen – nun die Arbeit an den Balkonen zwingend macht. Trotzdem werden bei 76 Balkone mit einer ungefähren Größe von 2 ½ m² mal eben pro Balkon 5000,- Euro zugrunde gelegt. Kein Nachweis über nichts.

5. Unter Sanierung wird die Erneuerung des Daches mit eingerechnet. Doch was hat dieser Posten in einem Sanierungsplan zu suchen, der zu den normalen Instandhaltungsarbeiten eines Hauses gehört. (Wohlgemerkt, wir reden die ganze Zeit über ein Baugutachten, das die Kosten für eine marode Bausubstanz belegen soll, um damit den Abriss zu legitimieren). Eine Dacherneuerung gehört zum normalen Standard (ungefähr 50 Jahre) und nach 55 Jahren ist es eben wieder mal an der Zeit.

6. Bei Sichtung der zu sanierenden Notwendigkeiten landen unsere Sachverständigen gerade mal bei 2 ½ Millionen Euro für die Häuser in der Heidelberger Str 15-18. Für diese Summe wird der Vorstand keinen Neubau hinsetzen können, geschweige denn einen Wohnraum schaffen können, der so bezahlbar wie der jetzige ist. Das aber ist Auftrag der Genossenschaft – nichts anderes.

NEUBAU

Nun bleiben natürlich weitere unangenehmen Frage. Auch die werden wir stellen. Warum baut die WBV-Neukölln nicht anderorts? Was treibt sie unbedingt einen bezahlbaren Wohnraum zu vernichten und etwas neues drauf zu bauen – dass das rentabel ist, kann man nur denken, wenn man dem eigenen Baugutachten Glauben schenkt, doch so doof kann der Vorstand unmöglich sein, oder? Steckt noch was anderes dahinter? Warum zum Beispiel wird nicht in der Sundgauer Straße in Zehlendorf gebaut? Dort hat die WBV 2007 ein Grundstück von über 18.000 Quadratmetern erworben. Laut „Genossenschaft von Unten“ wurde das Gelände für 5 Millionen gekauft und Jahre später für 8 Millionen weiterverkauft. Doch zuvor (2009) gewann das Architekturbüro Blumers den Wettbewerb zur Bebauung. Steht man diesem Büro noch in einer Schuld? Denn nun soll Blumers bauen dürfen, in der Heidelberger Straße 15-18. Erklärt das den unsinnigen Druck, den der Vorstand zu haben scheint, dass er die Manipulation der eigenen Genoss*innen in Kauf nimmt und auch den Ärger in der Öffentlichkeit? Und gleichzeitig Gelder dadurch veruntreut, dass er ohne Not ein solides Haus, das nach wie vor rentabel ist, abzureißen bereit ist? Liegen die Menschen von der „Genosschenschaft von unten“ mit Ihren Anmerkungen richtig: „ Es wäre zu prüfen, wer an dem Grundstücksgeschäft profitiert hat und welche Geschäftsbeziehungen zwischen dem Käufer (Namen bekannt) und dem WBV-Neukölln bestehen.“? Wir würden noch die Frage nachschieben, welcher Art die Beziehungen zwischen dem WBV-Neukölln und dem Architektenbüro Blumers sind und wie es zur Vergabe des Auftrages bezüglich der Heidelberger Straße kam?

Nach dem Kauf der Sundgauerstraße und deren anvisierter Neubebauung schien ein Weiterverkauf dann allerdings lukrativer und der Vorstand und der Aufsichtsrat begannen als Ersatz über eine Neubebauung der Heidelbergerstraße zu reden. Auf einer Vetreterversammlung im Jahr 2013 wurde dieses Ansinnen allerdings nicht publik gemacht. Und so wurde der Vorstand durch die Vertreterversammlung, die um das Gemauschel nicht wusste, unberechtigterweise entlastet. Doch zeitgleich mit dem Verkauf in Zehlendorf fällt die Planung für den Abriss in Neukölln zusammen. Und dem Gewinner des Architekturwettbewerbes für die Sundgauerstraße wird nun die Heidelberger Straße zugeschoben. Die Menschen werden für Seilschaften und Vorstandinteressen verschachert – so lesen sich die zeitlichen Abläufe.

FAZIT

Mit dem Gutachten soll nicht anderes bezweckt werden, als den Eindruck zu erwecken, dass die Sanierung der Heidelberger Straße 15-18 nicht lohnt und die angeblich marode Bausubstanz nicht zu retten sei. Dieses Papier zielt nach innen auf die Manipulation der Vertreterversammlung und auf die Einschüchterung der Genossenschaftsmitglieder, die derzeit keine Veranlassung sehen auszuziehen. Und nach außen soll damit die kritische Presse neutralisiert werden, sowie Behörden und Politikernachfragen ausgehebelt werden.

Das Ziel ist klar formuliert: Entmietung und Vertreibung der Bewohner*innen, um mit dem Neubau mehr Geld einzuspielen.

Zudem drängt sich der Verdacht auf, dass Firmen und Architekten begünstigt werden und Seilschaften gepflegt werden. Ständig arbeiten die gleichen Firmen für die WBV-Neukölln. Ein enger Mitarbeiter in der Nähe des Vorstandes formulierte es so: „Der Filz ist unübersehbar. Rechenschaft wird nicht abgelegt. Alternative Angebote werden nicht eingeholt. Recherchieren Sie. Die Genossenschaft WBV-Neukölln stinkt vom Kopf her.“

Letztlich scheint der Vorstand genauso korrumpiert, wie die Politik dieser Stadt, die Wohnen zur Ware gemacht hat – die sich wie die SPD oder Linkspartei „sozial“ auf Ihre Fahnen schreibt und fast zehn Jahre und mehr für eine antisoziale Wohnungspolitik stand und steht. Die das Tafelsilber verscheuert hat, die Privatisierungspolitik betrieb und jede Scheiß Eigentumswohnung genehmigt anstatt endlich soziale Kriterien für Neubau geltend zu machen. Die Genossenschaft bläst letztlich nur in das gleiche Horn.

An den Vorstand!

Ein Zeichen der Stärke des Vorstandes -und ein Signal in die laufenden Auseinandersetzungen um andere Genossenschaften- wäre in Zeiten knapper bezahlbarer Wohnungen die Wiedervermietung der Wohnungen in der Heidelberger Straße 15-18. Und natürlich die sofortige Rücknahme jeglicher Abrissbestrebungen. Die Sanierung der Heidelberger Straße 15- 18 ist Pflicht und Voraussetzung um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Dieser Schritt entspricht der Umsetzung der Genossenschaftssatzungen. Alles andere wäre eine Bankrotterklärung an das Genossenschaftsprinzip.

Mit freundlichen Grüssen

Karla Pappel / Neukölln

Baugutachten sind über uns zu bekommen: KarlaPappel@mail36.net

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