TCSD im Kiez – Beitrag zu queeren Gentrifizier_innen im Kunger-Kiez

Wir dokumentieren einen Beitrag, welcher auf dem diesjährigen Transgenialen Christopher Street Day ungefähr sinngemäß gehalten wurde:

„Willkommen im Prenz’lberg/Ortsteil Alt-Treptow!

Ich eröffne mit einer Frage: Erbt Ihr demnächst auch? Habt Ihr reiche Mamas und Papas? Hast Du einen fetten Job mit viel Knete? Verschweigt Ihr Euren FreundInnen Euer Einkommen?  Dann bist Du hier richtig, aber falsch auf der Demo, denn das ist der Kiez, in den die neue alternative Mittelschicht Eigentumswohnungen reinbaut, in die letzten Brachen.

Diese scheinheiligen Ökos zerstören nicht nur die verwilderten Brachen und bringen nicht nur Ihre widerwärtige Familienideologie mit – ihr Zwei-Kind-Modell, beide akademisch, deutsch, gut bezahlt, sie schieben ihre Kinderwagen wie Panzer durch die Kieze, die Gespräche sind dekadent, der letzte Urlaub, die Preise im Bioladen, den Hund, der Beruf, das Yoga …

Nein, diese widerliche Mittelschicht sorgt dafür, dass die Mieten steigen, Aufwertung nennt sich das. Bedeutet aber Zerstörung der Lebensqualität im Kiez, Abwertung der armen Schichten, hier OssiRentnerInnen, HartzIVlerInnen, Alleinerziehende, Alkis …

Aufwertung ist Verdrängung. Wer jetzt aber denkt, scheiß Heteros liegt falsch. Denn auch durch die queere Szene geht an der Klassenfrage ein Riss.

Gender-Studies-Professorin, Sabine Hark, ehemalige Sprecherin einer Baugruppe im Kungerkiez, warb damit, dass in ihren beschissenen Eigentumswohnungen schwule, lesbische und queere Menschen wohnen, obwohl ihr Bauprojekt massiv kritisiert wurde.

Als wäre queer noch irgendein Qualitätssiegel.

Nein – es gibt sogar queere Menschen, die werden von einem Teil der Bevölkerung politisch als Arschgeigen angesehen. So wie Wowereit, der mit der Linkspartei überhaupt den Ausverkauf der Stadt, die Gentrifizierung, die Verdrängung ärmerer Schichten ermöglichte. Und dann war es ja nur eine Frage der Zeit wann die nächsten Verdränger_innen unter dem Label „queer“ den Kunger-Kiez mit einer queeren Baugruppe heimsuchten.

Ralf Großbongarth und Claudia Ostwald stampften eine queere Baugruppe aus dem Boden und zerstörten ein seit Bestehen Berlins unbebautes, grünes Biotop. Und wieder Eigentumswohnungen. Er: Stellvertretender Projektleiter des Baus des Bundeskanzleramts. Sie: Managerin im Immobilienfondsgeschäft – also jobmäßig richtige Schweinescheiße. Es ist doch kackegal, wer sich von wem ficken lässt und geschlechtliche Orientierung ist kein Garant für nix.

Nun bauen sie nach dem Schmollerpaltz 1 das nächste Eigentumshaus in der Krüllsstraße.

Es gibt keine queere Family und auch keine Transgenderfamily – das ist Lug und Trug… Wenn eine queere Bewegung wieder radikal und politisch werden will, dann muss sie die Klassenfrage thematisieren… Wer hat warum wie viel Geld und wer eben nicht?
Es geht aber nicht darum, dass Du toll bist, wenn Du arm bist oder arme Eltern hast… Es geht auch nicht darum, dass Leute, die aus der Mittelschicht kommen in einer queeren Bewegung nichts zu suchen haben. Aber sie haben gefälligst nach Wegen zu suchen ihre Klasse zu verraten und sich mit den Ärmsten zu organisieren gegen die beschissenen Verhältnisse. Die obigen Personen haben deutlich gemacht, auf welcher Seite sie stehen. Sie können von den Ärmsten keinen Blumenstrauß mehr erwarten. Ob queer oder hetero oder sonstwas.

Das selbstbezogene Queer-Sein, der Identitätsrummel um das eigene Geschlecht, politisch gesehen eine Sackgasse. Wenn wir nicht alle Herrschaftsverhältnisse angehen – auch in der queeren Szene – ist unsere Emanzipation keine.

Und dann, das muss ich auch noch loswerden…Warum sind die Antigentrifizierungskämpfe und –gruppen gegen Verarmung, Verdrängung, Mieterhöhung so wenig queer? Wo seid Ihr? Drückt Euch nicht der Schuh? Organisiert Euch separat oder in heterodominierten Strukturen, um eine antipatriarchale, queere und feministische Kultur auch dort zu etablieren.

Wir bleiben alle: Berlin bleibt dreckig.“

Anmerkung der Red: Nach unseren Informationen hörte sich die ehemalige Pressesprecherin S.Hark der Baugruppe KarLoh den Beitrag auf der Demonstration an, wohl um den Überblick zu behalten wie ihr Tun in der Öffentlichkeit rezipiert wird. Die beiden anderen AchritektInnen tummelten sich auf dem Heinrichplatz. Angeblich fiel sie durch eine teure Sonnenbrille auf, er irrte verloren durch die Menge.

In der Kategorie „Presse“ befinden sich bei uns auch ein Artikel  zum Thema : „Vertreibung in rosarot“ pdf-dateien  GIGI 2009

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