„Münchner Verhältnisse“ für Alt-Treptow statt „Milieuschutz“

Mit einem wahrhaft christlichen Ziel lehnte der CDU-Fraktionschef Christian Schild bei der hitzigen BVV-Debatte (31.01.2013) den Antrag zur Erhaltungssatzung (Milieuschutz) für Alt-Treptow ab. Denn er wünscht sich „Münchner Verhältnisse für Alt-Treptow“, schließlich sei München eine prosperierende Metropole.

Münchner Verhältnisse – bitte schön Herr Schild – so siehts da aus (einige Auszüge):

  •  Hungern ist die halbe Miete
    Zu teuer sagt das Amt und streicht den Mietzuschuss um 100 Euro. Für den Mann ist das ein existenzielles Problem – denn wer vermietet im teuren München schon an einen Langzeitarbeitslosen? Inzwischen leidet auch seine Gesundheit. „Der Mann habe in der Zeit bis zum Prozess oft tagelang nur sehr wenig oder gar nichts zu essen gehabt. Und offenbar ist es ihm auch nicht mehr möglich, regelmäßig mit seiner chronischen Erkrankung zum Arzt zu gehen“, sagt der Anwalt. …
    Vollständiger Artikel: www.sueddeutsche.de
  • Wie München zur Luxus-Geisterstadt wird
    Es gibt nicht mehr genug Wohnraum, den sich Normalverdiener leisten können. Das Problem wird verschärft, weil Stadtviertel luxussaniert und damit noch teurer werden. Die Folge: angestammte Mieter müssen wegziehen. Dieses Schicksal ereilt vor allem die Geringverdiener wie Krankenschwestern, Kellner, Müllmänner, Feuerwehrleute, Bäcker. Nur: Wenn sie irgendwann nicht mehr da sind, sterben die Innenstädte aus …
    Vollständiger Artikel: www.br.de/radio/bayern2
  • Hohe Mieten – Münchner Oberbürgermeister warnt  vor Gefährdung des sozialen Friedens
    Vollständiger Artikel:
    www.abendzeitung-muenchen.de

Man fragt sich, ob der Herr Schild eigentlich weiß wovon er spricht, angesichts der Sorgen der MieterInnen im Kiez. Wir empfehlen ihm nach Prenzlauer Berg zu gehen, oder noch besser, gleich nach München.

Die SPD zeigte in der BVV-Debatte auch nicht mehr Sinn und Verstand. Sie halten den Milieuschutz (Erhaltungssatzung) für nicht wirksam. (Natürlich ist die Erhaltungsatzung alleine nicht genug, dass wissen wir auch, aber es ist eine Voraussetzung für weitere (Senats-)Gesetze, die z.B. die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbinden würden.)
Außer der Kritik kam von SPD-Seite nichts mehr. Keine Verbesserungsvorschläge, keine Alternativmodelle – NICHTS haben sie in dem einen Jahr, seit der Antrag von den Grünen und Die Linke eingebracht wurde, ZU WEGE GEBRACHT. Stattdessen nutzten sie die Zeit, allen voran Baustadtrat Hölmer (SPD) bzw. im Besonderen die Betonfraktion in seiner Verwaltung , um fast ausschließlich Bauanträge für Luxus-Eigentumswohnungen in Alt-Treptow durchzuwinken – sprich den Aufwertungs- und Verdrängungsprozess weiter anzukurbeln, damit die von der CDU gewünschten „Münchner Verhältnisse“ bald möglichst erreicht werden.


Antworten von Baustadtrat Hölmer  auf die BVV-BürgerInnenanfragen zur Mietpreisentwicklung in Alt-Treptow:

Frage 1: Derzeit liegen die Quadratmeterpreise in Alt-Treptow bei 9,50€ (nettokalt) bei Privatvermietungen. Wie hoch waren die Quadratmeterpreise bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ bei Neuvermietung in den letzten 12 Monaten (in Alt-Treptow) ?
Antwort: Es stehen keine Erkenntnisse von Stadt & Land zur Verfügung, Die Wohnungsbaugesellschaft ist dem Bezirk in dieser Detailliertheit auch nicht  rechenschaftspflichtig. Wir könnten ja mal nett nachfragen, das war in der kürze der Zeit jedoch nicht möglich.

Frage2: Wie viele Mietwohnungen wurden seit der Wende in Alt-Treptow in Eigentumswohnungen umgewandelt, bzw. wie viel des kommunalen Wohnungsbestandes wurde seit der Wende privatisiert?
Antwort: Es sind keine statistischen Angaben vorhanden. Es werden auch diesbezüglich keine Daten gesammelt. Der Hauseigentümer muss für die Bildung von Teil- und Sondereigentum im Fachbereich Bauen-Wohnungsaufsicht eine Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragen. Das ist Voraussetzung für die Schaffung von Eigentumswohnungen. Lediglich die grundstücksbezogenen Abgeschlossenheitsbescheinigungen sind erfasst: Für Alt-Treptow waren es 18 in den Jahren 2008-2012. Erkenntnisse zur Privatisierung kommunalen Wohnungsbestandes liegen dem Bezirksamt nicht vor.

Frage 3: Warum werden private Investoren nicht zur Verantwortung gezogen, zu einer sozialen Mischung beizutragen, z.B. durch zweckgebundene Bebauung mit Wohnungen auch für Alg2-EmpfängerInnen?
Antwort: Wir haben keine rechtliche Grundlage, das von privaten Investoren zu verlangen. Das kann weder im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens gemacht werden, noch gibt es Möglichkeiten im Rahmen städtebaulicher Verträge im Zusammenhang mit der Durchführung von Bebauungsplanverfahren derartiges zu regeln. Wenn wir das können sollten, wäre es Vorraussetzung, dass der Gesetzgeber uns ein entsprechendes Instrument zur Hand gibt, das gibt es aber nicht.

Ergänzend kann ich noch sagen, im druckfrischen GSW-Wohn-Report für 2012 steht für den Postleitzahlbezirk 12435 (Alt-Treptow + Teil Plänterwald): Bei 261 Neuvermietungen – eine nicht ganz unerhebliche Zahl, die zumindest zeigt, dass dort eine gewisse Fluktuation herrscht, was ja auch nie bestritten wurde – das für diese 261 Wohnungen im Mittel eine Nettokaltmiete von 7,67 €/qm verlangt worden sind. Das ist, denke ich, wenn man das mit dem Innenstadtbereich vergleicht wo zumindest Alt-Treptow angrenzt – man ist in 20 Minuten am Alex – da ist das noch relativ moderat. Da sind die Mietpreise ansonsten z.T. deutlich höher. Gleichwohl zeigt es, da auch eine gewisse Fluktuation stattfindet, dass ein gewisser Druck im Wohnungsmarkt, was den Bereich Alt-Treptow anbelangt, tatsächlich drin ist, wo man natürlich auch gucken muss, wie man perspektivisch damit umgeht.

Anmerkung des Bürgers: Im GSW-Report steht eine Spalte weiter, dass hier die Mietpreise bis über 12 €/qm nettokalt gerade gehen. (Anmerkung der Red.: Das sind laut Report die höchsten Mietpreise im gesamten Bezirk Treptow-Köpenick)

1. Nachfrage: Wie wollen Sie verhindern, dass die 25% TransferleistungsempfängerInnen aus Alt-Treptow verdrängt werden?
Antwort: Wir können das nicht verhindern. Wir können nur versuchen mit den bescheidenen Instrumenten die wir zur Zeit haben und das sicherlich auch in Kooperation mit dem Land, wo vielleicht ein paar Instrumente mehr zur Verfügung stehen, dem zumindest entgegen zu arbeiten. Aber grundsätzlich verhindern können wir das nicht.

Anmerkung des Bürgers: Ist der Willen den da?

Ja wir arbeiten ja da dran wir versuchen ja im Prinzip schon da wo neue Bauvorhaben sind mit den Vermietern/Eigentümern zumindest zu reden. Im Land Berlin wird an Verfahren gearbeitet die einen Handlungsspielraum auch für den Bezirk vergrößern. Allerdings, und das ist eine Crux, ist Alt-Treptow in der Senatsbetrachtung nicht berücksichtigt. Das ist in der Tag ein Problem.

2. Nachfrage: Wer hat in den Ausschüssen Wirtschaftsförderung, Tourismus und Immobilien und Stadtentwicklung und Tiefbau gegen die Erhaltungssatzung für Alt-Treptow gestimmt und mit welcher inhaltlichen Begründung?
Antwort: Das wir heute noch eine Thema sein. Da können sie sich nachher ja die Debatte anhören. Es ist aber leider so, dass die rechtlichen Möglichkeiten derzeit nicht gegeben sind die Erhaltungssatzung entsprechend dort umzusetzen. Das ist vor ca. 15 Jahren schon mal versucht worden, da waren die Vorraussetzung eigentlich noch viel viel günstiger, und selbst da war es nicht durchsetzbar. Das ist momentan kein Weg, der weiterhelfen würde.

Fazit: Die SPD in Gestalt von Baustadtrat Hölmer hat eindrücklich deutlich gemacht, das sie nichts tun könne um die Mietsteigerungen in Alt-Tretow zu unterbinden. Und das wenige was sie tun könnten auch noch zu unterlassen. „Die CDU hat“; so ein sehr ruhiger und gemäßigter Beobachter von uns, „nur Grütze von sich gegeben.“ Die BVV machte den Eindruck einer Inszenierung, die Anbetracht der Situation in Alt-Treptow, grotesk und hilflos anmutet. Man muss sich die ernsthafte  Frage stellen, warum der Rest der BVVlerInnen nicht auf die Barrikaden gehen, wenn sie zu einer solchen Ohnmacht verdammt werden.

Die Audioprotokolle mit den BürgerInnenfragen und zur Debatte sind (hier) im Netz zu finden.

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