Milieuschutzsatzung ? Was soll ich tun? An die von Mieterhöhung, Verdrängung und Ausgrenzung betroffenen im Kunger Kiez.

Hallo Liebe Leute aus Alt-Treptow, Ihr habt ja vor ein paar Wochen Post im Briefkasten gehabt. Verschickt hat diesen Brief das Bezirksamt Treptow-Köpenick. Darin befindet sich ein Fragebogen zur sogenannten „Sozialen Erhaltungsverordnung“. Das Ziel der Behörde ist eine Überprüfung der Voraussetzung, ob der sogenannte „Milieuschutz“ für Alt-Treptow greifen soll.

Nun fragt Ihr Euch wahrscheinlich ob Ihr den ausfüllen sollt und wenn ja, wie?

Genaueres im weiteren Text…

Zuvor noch ein paar Grundsätzliche Worte zu dem Milieuschutz, damit wir nicht auf Grundlage falscher Hoffnungen handeln. Falls der Milieuschutz in Alt-Treptow aufgrund dieses Gutachtens kommen sollte, ist er nur mit dem guten Willen des Bezirksamtes auch durchsetzbar, denn jede Luxus-Baumaßnahme oder Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen muss dann durch den Bezirk genehmigt werden. Doch bisher war der gute Wille des Bezirks nicht erkennbar und das ist der Grund, warum dieser Brief der Behörde nicht wirklich Entlastung für die noch nicht verdrängten Mieter*innen im Kiez versprechen kann. Unterzeichnet wurde der Brief von der Verwaltung, die für den Austausch der Bevölkerung in Alt-Treptow steht. Baustadtrat Hölmer und seine Behörde haben jahrelang alles dafür getan, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen reibungslos vorangeschritten ist. Sie hat ausgewiesene Wohnfläche mit einem Supermarkt bebauen lassen und sich von dem Investor erpressen lassen. Sie segnete regelmäßig den Bau von Eigentumshäusern der Baugruppen und Investoren ab. Wer Hölmer in der BVV agieren sieht, erkennt, dass er die BVV an einem Nasenring führt und dort neoliberale Politik über seine Behörde betreibt und Sachzwänge suggeriert, wo Spielraum wäre. Herr Hölmer steht dazu, dass Menschen in ihrem sozialen Wohnumfeld nicht weiter leben können sollen, wenn dort die Mieten steigen. Sehr eindrucksvoll hat er diese Position in einem Dokumentarfilm deutlich gemacht.

Und diese antisoziale Behörde wird also jene Institution sein in dessen Ermessen es liegen wird , ob sie zur Blockierung der Umwandlung von Miet- in Eigentums- oder Ferienwohnung überhaupt geistig in der Lage ist. Und den nötigen Willen dazu aufbringt. Denn die Umsetzung einer „Milieuschutzverordnung“ im Zusammenhang mit der neuen „Umwandlungsverordnung“ ist reines Ermessen. Das heißt ohne Druck läuft da gar nichts. Also machen wir uns keine Illusionen. Wir stärken weiterhin die Mieter*innen und die Ärmsten im Kampf gegen die Behörden, die Eigentumsbesitzer*innen und Gentrifizierer*innen – ob Baugruppen oder Agromex.

Leider betrifft ein eventuell kommender Milieuschutz nicht mehr das „Milieu“, welches hier schon seit Jahren verdrängt worden ist. Es greift auch nicht mehr bei den Menschen, die jetzt gerade um ihre Wohnungen bangen müssen, wie in der Karl-Kunger-Str 26.

Zum Fragebogen: Erst einmal gilt, wie bei jedem Amtsbrief, gesundes Misstrauen. Du mußt nichts ausfüllen. Aber es macht Sinn ihn auszufüllen. Aber Du mußt auch nicht jede Frage beantworten. Es macht Sinn nicht jede Frage zu beantworten.

Der Fragebogen wird in der Regel von den Besserverdienern ausgefüllt. Und genau die braucht keiner im Kiez. Denn diese haben bedingt durch ihr Einkommen andere Interessen. Und sind gewohnt sich selbstgerecht zu vertreten. Zum Beispiel sich eine Modernisierung zu wünschen, weil sie die zahlen können und es ist ihnen dann wurscht, ob der Nachbar z.B. den Aufzug bezahlen kann, der auf alle im Haus umgelegt wird.

Sehr wichtig ist daher, dass vor allem wir, die Ärmsten im Kiez diesen Zettel ausfüllen, unser weniges Einkommen angeben und keine Verbesserung der Wohnungsausstattung für höhere Mieten wollen (obwohl wir natürlich gerne eine Verbesserung hätten, aber nicht zum Preis einer Mieterhöhung, weil die Mieten für uns sonst unbezahlbar werden). Wer will hier schon wegziehen, was ist das für eine Frage … Die Angabe eines sehr niedrigen Standards oder erheblicher Mängel würde eher eine Modernisierung nach sich ziehen, weil es auch im Fragebogen darum geht eine Angleichung der Wohnungsstandards an den „zeitgemäßen Ausstattungszustand“ im Kiez zu erfragen.

Fragen die Ihr unklar findet, lasst sie unbeantwortet. Wen geht es an in welcher Sprache Ihr zuhause redet. Damit soll zwar ermittelt werden ob es einen Zusammenhang von Migrationsbevölkerung und Armut gibt. Aber die Frage kommt auch schräg, wir wollen das alle hier wohnen bleiben wollen.

Fragen zu Nachbarschaft: Ihr seid gut verankert, helft Euch gegenseitig – deshalb wäre es ein Verlust für die Zusammensetzung des Kiezes, wenn Ihr gehen müsstet. Wenn ihr gehen müsst, dann nur weil Ihr die Mieten nicht mehr zahlen könnt, weil die Eigentumsbesitzer Euch aus eurer Wohnung vertreiben wollen, weil alles teurer wird im Kiez. Ihr habt kein Auto, Eure Kinder gehen hier zur Schule, ihr arbeitet im Kiez oder nebenan.

Die Fragebögen sind anonym und werden, soweit wir das haben erfragen konnten, anonymisiert. Das heißt, einen Rückschluss auf Euch gibt es nicht. Regt an, dass andere arme Leute in Eurem Haus diesen Fragebogen auch beantworten. Wenn Ihr was falsch ausgefüllt habten solltet, macht Euch niemand ein Problem.

Druckt Euch diesen Eintrag aus und verteilt diesen Zettel in Euren Häusern auch an Leute die Ihr nicht über E-Mail erreichen könnt – Niemand wird alleinen gelassen!

Redet mit Leuten aus der Mittelschicht, das sie gefälligst mal solidarisch sein können und sie das sehr wohl was angeht was hier an Verdrängung passiert …

Wenn diese Zeilen nun von solidarischen Menschen aus der Mittelschicht gelesen werden, die keine weitere Verdrängung im Kiez wollen, dann solltet Ihr keine weitere Modernisierung oder Luxusmaßnahmen etc. anstreben – denn das ist eine Voraussetzung für das Greifen des Milieuschutzes. Je niedriger das Einkommen angegeben ist, um so besser.

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